Rezension: Verblendung von Stieg Larsson

Published Jun 25, 2010

Nachdem von allen Seiten Lobeshymnen auf die Millenium-Trilogie von Stieg Larsson angestimmt wurden, wollte ich mir selbst ein Bild machen, was hinter den Werken des Schweden steckt und habe mir den ersten Band „Verblendung“ vorgeknöpft – ein absolut packender Krimi. 

Was macht dieses Werk von Stieg Larsson zum Bestseller. Die Story? Sein Schreibstil? Die Charaktere? Für mich ist es die gelungene Mischung aus allen drei Komponenten. Mikael Blomkvist ist genauso ein Sonderling wie Henrik Vanger und Lisbeth Salander. Mit allen drei Personen kann man sich dank den mit Liebe zum Detail gestalteten Beschreibungen von Larsson ein sehr genaues Bild machen und sich so auch mit ihnen identifizieren. Doch nicht nur die Personen, sondern auch die Geschichte packt den Leser. Die fast schon unmenschliche Brutalität der Verbrechen wirkt gleichzeitig abstossend und faszinierend und der Leser will unbedingt wissen, wer zu solchen Schandtaten in der Lage war. Diese beiden Elemente werden mit Larssons Geschick zur spannenden Erzählung gepaart – eine starke Mischung.
Individualismus und Glaubwürdigkeit der Figuren
Die Komplexität der Figur von Lisbeth Salander hat für mich auch grossen Anteil am Erfolg der Geschichte.
Sie verleiht mit ihrem eigenartigen, von der Gesellschaft nicht tolerierten Verhalten der Story etwas Besonderes. Auch ihr persönlicher Rachefeldzug gegen alle Männer, die Frauen nicht gut behandeln (Wennerström und Bjurman) passt so sehr gut ins Bild. Sehr gelungen finde ich auch die Beschreibung der Beziehung zwischen Lisbeth und Mikael. Die beiden so unterschiedlichen Personen finden über die Arbeit an einem grausamen Verbrechen zusammen und beginnen einen Affäre. Für Lisbeth ist es jedoch mehr – die erste grosse Liebe. Doch am Ende muss sie erkennen, dass sie bei Mikael keine Chancen hat, denn er kann seine Finger nicht von Erika Berger lassen. Eine schwierige Situation für Lisbeth, die auf diesem Gebiet noch überhaupt keine Erfahrungen gemacht hat. 
Unterschiedliche Auffassungen der Ethik
Spannend ist auch der Konflikt den Mikael und Lisbeth haben, was ihre Arbeitsweise angeht. Mikael arbeitet nach sehr hohen moralischen Ansprüchen, will alles im Rahmen des Legalen halten und Quellen für alles angeben. Auch sein Drang stets die Wahrheit zu schreiben und der Öffentlichkeit nichts vorzuenthalten, stellt ihn vor einige Probleme, als er sich entschliesst, die Story über Harriet und Martin nicht zu veröffentlichen.

Auf der anderen Seite steht Lisbeth, die sich in alle Computer des Landes hacken kann und so an Informationen kommt, die niemandem sonst zugänglich sind. Dass sie sich dabei auf illegalem Terrain bewegt, scheint sie nicht im Geringsten zu stören – im Gegensatz zu Mikael, der immer wieder mit Lisbeth über Ethik und Moral reden will. 

Übertriebene Gewalt
Doch in diesem Werk gibt es für mich nicht nur positive Kritik. Die Tatsache, dass der Täter Martin Vanger bereits nach etwas mehr als der Hälfte der Geschichte entlarvt wird, nimmt bereits ein wenig der zuvor sensationell aufgebauten Spannung. Die Auflösung, dass Martin der Täter ist wird nur sehr kurz thematisiert und bereits einige Seiten später wird die Suche nach Harriet fortgesetzt – da hätte man mehr draus machen können.
In der Folge erkennt der Leser langsam aber sich in aller Deutlichkeit, welche Schandtaten innerhalb der Familie Vanger begangen wurden und ich muss sagen, für mich war das zu viel des Guten. Da wurde Harriet von ihrem Vater und ihrem Bruder vergewaltigt, im Gegenzug brachte diese ihren Vater um und wurde danach von ihrem Burder erpresst. Hinzu kommt noch, dass die Mutter von alldem gewusst und nichts unternommen hat – etwas übertrieben für das Leben einer 16-Jährigen, nicht?
Nachdem dann das Rätsel um Harriet auch gelöst war, war die Story noch immer nicht zu Ende, denn nun folgten nahezu 100 Seite über den Rachefeldzug von Michael gegen Wennerström und derjenige von Lisbeth gegen die Männer, die ihre Frauen missbrauchen. 
Obwohl Larsson für mich zu viele Geschichten und zu viele grausame Verbrechen miteinander vermischt hat, ist das Werk absolut empfehlenswert, da die Spannung kaum zu überbieten ist. Ich werde mir sicherlich irgendwann auch noch die weiteren Teile der Trilogie zu Gemüte führen. 
(fba)

Bibliografische Angaben:


Titel: Verblendung
Autor: Stieg Larsson
Seiten: 688
Erschienen: 2007
Verlag: Heyne
ISBN-10: 3453432452
ISBN-13: 978-3453432451
Bewertung:  

Kommentar hinterlassen