Rezension: Uhrwerk Orange von Anthony Burgess

„A Clockwork Orange“ von Anthony Brugess ist einer der grossen Klassiker. Der Anfang der 1960er Jahre erstmals erschienene Roman spielt in der Zukunft und weist in kritischer Art und Weise auf Mängel in der Gesellschaft hin – einige davon sind einer gewissen Aktualität nicht zu entbehren.

Alex ist vierzehn Jahre alt und der Anführer einer Jugendbande, die sich die Abende mit sinnloser Gewalt vertreibt. Sie schlagen Leute zusammen, überfallen Läden und brechen in Häuser ein. Dabei kann es schon mal zu Vergewaltigungen oder gar Mord kommen. Der Grund für die Gewaltakte: Langeweile. Bei einem Überfall wird Alex dann aber von seinen Freunden verraten und der Polizei gelingt es, den Teenager zu verhaften. Alex wird zu 14 Jahren Haft verurteilt. Im Gefängnis sind die Bedingungen hart für den jungen Alex. Doch nach zwei Jahren wird er in ein Programm aufgenommen, das ihn in einen guten Menschen verwandeln soll, der die Finger von der Gewalt lässt. Doch das Programm ist umstritten.

Der Weg zum Erwachsenwerden

Zuerst einige Worte zur Form: Der Roman spielt in der Zukunft. Das merkt man vor allem daran, dass Protagonist Alex und seine Kameraden in der Jugendsprache Nadsat sprechen. Diese ist abgeleitet aus dem Russischen und ist daher im englischen Originaltext nur sehr schwer zu verstehen. Ich empfehle daher, das Glossar zur Erklärung. Burgess hat sein Buch, das 1961 erstmals publiziert wurde, in drei Teil aufgeteilt. Jeder der drei Teile besteht aus sieben Kapitel, insgesamt also 21 Kapitel. Diese Zahl steht in den USA für das Erreichen des Erwachsenenalters

Damit wäre auch bereits der Übergang zum Inhalt geschafft. Das Erwachsenwerden ist eines, wenn nicht sogar das Hauptthema dieses Werks. Im ersten Teil ist Protagonist Alex ein naiver Teenager, der sich bei seinen Taten und Handlungen wenig überlegt. Er lebt in den Tag hinein, schwänzt die Schule, obwohl er eigentlich ein intelligenter Junge wäre, und wendet sinnlos exzessive Gewalt an. Er scheint sich keine Gedanken darüber zu machen, welche Folgen sein Taten haben könnten. Selbst die Warnungen seines Betreuers lassen ihn kalt. Im Gefängnis (zweiter Teil) beginnt er zu realisieren, dass sich etwas ändern muss. Er erkennt jedoch noch nicht, dass er selbst es ist, der sich ändern muss. Dennoch lässt er sich freiwillig auf eine neue Behandlungsmethode ein, die aus ihm einen Gutmenschen machen soll. Doch das Experiment ist qualvoll und führt nicht zum gewünschten Erfolg. Alex realisiert nun, dass nur er selbst etwas ändern kann (dritter Teil). Er ist erwachsen geworden und weiss nun, dass er selbst Verantwortung übernehmen muss. Da er nach seiner Entlassung mehrere seiner früheren Opfer wiedergesehen hat, weiss er auch, dass sein Handeln Konsequenzen hat.

Mensch als Maschine?

An dieser Stelle möchte ich noch einige Worte zum nicht ganz alltäglichen Titel verlieren. „A Clockwork Orange“ oder auf Deutsch „Uhrwerk Orange“ setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Da wäre einerseits das Wort Orange, das Burgess von Orang Utan abgeleitet hat. Dieser Teil des Titels steht für den Menschen. Der zweite Teil „Uhrwerk“ steht für die Maschine. Uhrwerk Orange wäre als eine Menschen-Maschine. Das ist genau das, was die neue Behandlungsmethode, mit der Alex im Gefängnis behandelt wird, anstrebt. Diese will aus einem Menschen, der gute und schlechte Eigenschaften in sich trägt, einen Menschen machen, der nur noch gute Eigenschaften hat und nicht mehr zu Gewalt fähig ist. Die schlechten menschlichen Triebe sollen also unterdrückt und verdrängt werden. Der Mensch soll zu einer an die Normen und Regeln der Gesellschaft angepassten Maschine werden, die der Regierung keine Probleme bereitet. Die Behandlungsmethode schlägt jedoch fehl, was so interpretiert werden kann, dass man den Menschen nicht in fixe Verhaltensmuster zwingen soll, respektive kann, sondern dass die Veränderungen jeweils nur vom Menschen selbst und nur bedingt aus dessen Umwelt kommen können. Eine Sichtweise, die sich mit den komplexen gesellschaftstheoretischen Überlegungen des deutschen Soziologen Niklas Luhmann deckt. Diese Verknüpfung lasse ich jedoch so stehen. Weitere Ausführungen würden zu stark vom Roman abweichen.

Kritik an den gesellschaftlichen Strukturen

Ein weiteres interessantes Thema des Werks ist die Politik. Die Regierung ist bemüht, die Gewalt einzudämmen. Aus diesem Grund greift sie gar zu unerlaubten Mitteln und stellt die straffälligen Jugendlichen als Polizisten ein, die dann die Täter ausserhalb der Stadt brutal zusammenschlagen. Auf diese fragwürdige Weise profiliert sich die Regierung beim Volk und feiert den Rückgang der Gewalt als Erfolg ihrer Politik. Die politischen Gegner, die sich erhoffen, mit Alex Leidensgeschichte Aufmerksamkeit zu generieren und die Regierung zu stürzen, werden zum Schweigen gebracht. Nach Alex gescheitertem Selbstmordversuch entschuldigt sich die Regierung offiziell und in Anwesenheit der Presse für die misslungene Behandlung und die politischen Gegner wurden gleichzeitig ohne jegliches massenmediales Aufsehen aus dem Weg geräumt. Dieses geschickte Spielen mit der Presse, das „spin-doctoring“ genannt wird, ist den heutigen Praktiken der Politik nicht unähnlich.

Dies ist nur einer von vielen gesellschaftskritischen Seitenhieben, die Burgess in sein Werk packt. Wer also Lust hat, einen tiefgründigen, gesellschaftskritischen Roman zu lesen, der sollte sich unbedingt „Uhrwerk Orange“ von Anthony Burgess besorgen.

Bibliografische Angaben

Titel: Uhrwerk Orange (A Clockwork Orange)
Autor: Anthony Burgess
Seiten: 224
Erschienen: 1962
Verlag: Heyne
ISBN-10:  3453130790
ISBN-13:978-3453130791
Bewertung: 4/5


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