Rezension: Träume süss, mein Mädchen von Joy Fielding

Published Sep 24, 2010

„Träume süss, mein Mädchen“ ist das erste Werk, welches ich von der Amerikanischen Bestseller Autorin Joy Fielding gelesen habe. Die Aussage der New York Times, dass dieses Buch einem atemlos zurücklässt, schürte bei mir hohe Erwartungen – zu hohe wie sich im Nachhinein herausstellte.
Die Geschichte handelt vom Psychopathen Brad Fisher, der, frisch aus dem Gefängnis entlassen, sich an seiner Frau Lily Fisher rächen und sich seinen Sohn Michael Fisher zurückholen will. An sich keine bestechende und schon gar nicht eine innovative Idee, die Fielding hier hat. Solche und ähnliche Geschichten gibt es zuhauf, dennoch ist es bemerkenswert, wie Fielding es schafft, die Intrigen, die Brad Fisher spinnt, um Jamie Kolleg zu seiner „Sklavin“ zu machen, zu beschreiben. Es ist nicht nur für Jamie, sondern auch für den Leser ein schleichender Übergang vom liebenden Gentleman Brad zum Psychopathen. Dies obwohl man schon im Prolog weiss, dass Brad ein Mörder ist. Fielding bindet geschickt immer wieder kleine Hinweise ein, um den Leser auf eine falsche Fährte zu locken. So denkt man beispielsweise über weite Strecken der Lektüre, dass Emma die Exfrau von Brad ist, doch in Tat und Wahrheit ist es Lily. Von diesem Aspekt aus betrachtet, ist das Werk sehr gelungen. 

Brad Fisher der Psychopath
Interessant ist auch das Thema des Psychopathen. „Es gab nichts Befriedigenderes, als unmittelbar zu spüren, wie das Leben aus einem anderen Körper wich“, steht da beispielsweise bereits im Prolog, als Brad Fisher Gracie Hastings umbringt. Äusserst treffend zu diesem Thema auch die Definition des Psychopathen durch den Polizisten Jeff Dawson: „Das vollkommene Fehlen jeden Gewissens oder Schuldgefühls machen ihn gefährlicher als alle andern. Ausserdem ist er ein Chamäleon. Er wechselt seine Persönlichkeiten wie unsereiner die Kleidung… Er hat keine echten Gefühle, aber er ist ein Meister im Vortäuschen.“Alle diese Dinge passen absolut perfekt auf Brad Fisher zu, der sich extra für Jamie Kolleg so verstellt, dass sie glaubt, er sei ihr Traumprinz. Dadurch gelingt es ihm, sie soweit zu bringen, dass sie ihm blindlings vertraut und Dinge tut, die sie nie zuvor getan hat. 
Ein weiteres Beispiel, welches die Gefährlichkeit von Brad Fisher untermauert zeigt folgende Textstelle. „Du bist unheimlich süss, wenn du bewusstlos bist“, sagt er zu Jamie, nachdem er versucht hat sie umzubringen. In der Folge versichert er ihr jedoch immer wieder, dass er sie liebe und dass sie sich nicht so anstellen solle, jeder mache einmal Fehler – so viel zum Thema keine echten Gefühle und Vortäuschen einer Persönlichkeit. 
Die Mad River Road

Ein weiteres interessantes Symbol in diesem Werk ist die Mad River Road, an der Lily und Emma wohnen. Zu Beginn der Geschichte fragen sich die beiden, warum die Strasse diesen Namen trage, schliesslich sei dort ja alles normal. Doch im Verlaufe der Lektüre erkennt der Leser, dass die Bewohner dieser Strasse, vor allem Lily und Emma, viele Geheimnisse haben, die sie mit Lügen zu verbergen versuchten. Beide sind in Verbrechen verstrickt, sind auf der Flucht und leben unter einem falschen Namen – absolut verrückt und machen so dem Strassennamen alle Ehre. 

Lügen haben kurze Beine
Ein zentrales Element in dieser Geschichte sind sicherlich auch die Lügen und die Tatsache, dass am Ende immer die Wahrheit siegen wird. Emma hat ihr ganzes Leben lang gelogen und dadurch versucht, sich Anerkennung zu verschaffen. Dies ist ihr jedoch nicht gelungen, im Gegenteil – sie hat ihre Ehe und dadurch auch ihr Leben ruiniert und später auch Freundschaft zu Lily aufs Spiel gesetzt. Erst am Ende schafft sie es, endlich die Wahrheit zu sagen. Ganz ähnlich verhält sich die Tatsache bei Lily, die lange Zeit nicht wahrhaben will, dass sie nicht Schuld ist am Tod ihres Bruders und dass ihr Ex-Mann ein perverser Psychopath ist. Doch auch sie erkennt am Ende, dass nur die Wahrheit sie weiterbringt und dass sie nur einen Neuanfang mit Jeff Dawson wagen kann, wenn sie reinen Tisch macht. 
Gelungen finde ich auch den Schluss, denn da fasst sich Jamie endlich ein Herz und beginnt sich zu wehren. Nachdem sie sich immer wieder gefragt hat, warum sie so naiv gewesen ist und wie sie nur so leichtsinnig sein konnte, nachdem sie sich tausendmal die Vorwürfe ihrer Familie angehört hat, schafft sie es endlich, sich gegen Brad aufzulehnen. Sie übernimmt Verantwortung für ihr Leben und ist bereit, den Tatsachen ins Auge zu blicken und zu kämpfen – eine Entwicklung, die sie schon viel früher hätte machen sollen.
Zu wenig Tiefgang und Innovation
Das tönt ja alles ganz positiv, warum also nur 3 von 5 Punkten fragen Sie sich? Das liegt daran, dass die Ideen von Joy Fielding im Ansatz zwar sehr gelungen sind, doch die Umsetzung vermag mich nicht vollends zu überzeugen. Das Thema des Psychopathen finde ich sehr spannend, doch es wurde nur sehr oberflächlich behandelt und auch die restlichen Figuren haben relativ wenig Tiefgang. Auch die Tatsache, dass die meisten Personen eine komplexe und schwierige Vergangenheit aufweisen, kann nicht über die fehlende Tiefe hinweg täuschen. So kann sich der Leser nicht mit den Charakteren identifizieren und es kommt nie die angekündigte Spannung auf. Dennoch ist die Lektüre unterhaltsam und man will wissen, wie das Buch endet – doch auch dieses ist leider leicht vorhersehbar. 
(fba)

Bibliografische Angaben:

Titel: Träum süss, mein Mädchen
Autor: Joy Fielding
Seiten: 415
Erschienen: 2006
Verlag: Goldmann
ISBN-10: 3442311047
ISBN-13: 978-3442311040
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