Rezension: Silberkiesel von Hansjörg Schneider

Published Nov 13, 2011

„Silberkiesel“ ist der Titel des ersten Falls des kauzigen Basler Kommissärs Peter Hunkeler in der Krimireihe von Hansjörg Schneider. Hunkeler ist auf der Suche nach den Diamanten eines Schmugglers, doch dieser sucht seinerseits ebenfalls nach den Diamanten, die er auf der Flucht in die Toilette spülen musste.


Der Libanese Guy Kayat ist Diamantenschmuggler und auf der Reise von Frankfurt nach Basel. Doch bereits auf der Fahrt hat er das ungute Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist. Damit sollte er Recht behalten, denn am Bahnhof wird er von der Polizei aufgegriffen, als er sich gerade mit seinem Mittelsmann treffen wollte. Kayat kann auf die Toilette flüchten, wo ihm jedoch nichts anderes übrig bleibt, als die Diamanten die Toilette runter zu spülen. Kurz darauf wird er von Hunkeler und seinen Kollegen verhaftet, doch diese müssen ihn bald wieder laufen lassen, da sie nichts gegen ihn in der Hand haben.
Erdogan Civil, ein türkischer Gastarbeiter, lebt mit seiner Freundin Erika Waldis in einer kleinen Wohnung und arbeitet in der Schweiz, um seine Familie in der Heimat zu ernähren. Gerade als er von seiner Arbeit als Kanalarbeiter nach Hause will, wird er für einen Notfall an den Bahnhof Basel gerufen: Die Toiletten sind verstopft. Während der Reinigung macht er einen ungewöhnlichen Fund: 42 Diamanten. Civil nimmt sie an sich, denn er glaubt, dass er sich damit seinen Traum von einem eigenen Hotel in der Türkei verwirklichen kann. Doch sowohl Hunkeler wie auch Kayat kommen ihm und Erika Waldis bald auf die Spur und die Jagd nach den Diamanten beginnt.
Peter Hunkeler – die vielleicht authentischste Ermittlerfigur der Schweizer Krimiliteratur
Hansjörg Schneider ist mit „Silberkiesel“ ein Krimi gelungen, der oftmals auch ein Gefühl von Hilflosigkeit und Melancholie vermittelt. Dabei ist  Kommissärs Peter Hunkeler wahrscheinlich eine der authentischsten Ermittlerfiguren der Schweizer Krimiliteratur.

Als Leser kann man sich sofort mit ihm identifizieren, er ist einem irgendwie sympathisch auch wenn er einen ganz eigenen Charakter hat. Er gibt ein Bild des Polizisten, dass man sonst in der Öffentlichkeit nicht kennt, ganz frei von jeglichen Klischees und Vorurteilen, dafür voller Ängsten, Sorgen und einer inneren Wut über seine Situation und diejenige der Welt. Ich bin überzeugt, dass die Figur „Hunkeler“ einer der Hauptgründe ist, weshalb die Werke von Hansjörg Schneider sich so gut verkaufen. Denn an der Handlung dürfte es nicht liegen.

Gelungenes Ende
Diese reisst einem, wie so oft in den Fällen von Hunkeler, nicht gerade vom Hocker. Der Ansatz mit dem Diamantenschmuggler, der seine Diamanten verliert und wie die Polizei auch danach sucht, ist gut und verspricht interessant zu werden. Doch die Spannung flacht schnell ab, der anfänglich Schwung in der Handlung ist bald weg. Dennoch hätte ich das Buch nicht beiseite legen wollen, denn irgendwie schafft es Schneider, den Leser mit seiner Erzählung trotzdem bei Stange zu halten. Die Lebensgeschichte des Kanalarbeiters Erdogan Civil, der glaubt, den Fund seines Lebens gemacht zu haben, hat etwas. Gemeinsam mit seiner Freundin Erika Waldis, die Angst hat, ihren Erdogan zu verlieren, wenn er die Diamanten zu Geld machen kann, versucht er, Kayat und die Polizei auszutricksen. In die Beziehung von Civil und Waldis spielen die kulturellen Unterschiede der Schweiz und der Türkei hinein, was durchaus ein interessanter Nebenschauplatz zur eigentlichen Geschichte hergibt. Auch der innere Kampf von Waldis, ob sie den Mann, den sie liebt, nun unterstützen soll, obwohl sie weiss, dass er sie dann verlassen wird, verleiht der Geschichte zusätzliche Spannung.
Das Lesen des „Silberkiesel“ ist also trotz allem kurzweilig und das Ende, wie ich finde, sehr gelungen. Irgendwie zeigt es die Ohnmacht und Hilflosigkeit der Polizei und zudem ist es auch ein gutes Beispiel für die Eigenwilligkeit und Sturheit des Kommissärs Hunkeler, der seinen eigenen Gerechtigkeitssinn hat und nicht alles daran setzt, die Diamanten wirklich zu finden – irgendwie ausgleichende Gerechtigkeit für das gebeutelte Paar Civil und Waldis. (fba)


Bibliografische Angaben:


Titel: Silberkiesel
Autor: Hansjörg Schneider
Seiten: 240
Verlag: Bastei Lübbe
Erschienen: 1993
ISBN-10: 3404146522
ISBN-13:  978-3404146529
Bewertung: 

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen