Rezension: Open von Andre Agassi

„Open“, so der Titel der Biografie des amerikanischen Tennis-Superstars Andre Agassi. Ein Titel, wie er passender nicht sein könnte für dieses absolut ehrliche und authentische Werk über die Karriere einer der charismatischsten Persönlichkeiten, die der Tennissport je gesehen hat. 
„Ich hasse Tennis.“ Das ist der Satz, der sich durch die gesamte Karriere von Andre Agassi zieht. „Ich hasse Tennis.“ Eigentlich unvorstellbar, dass einer, der insgesamt 60 Profiturniere, darunter acht Grand Slam Titel, gewonnen hat, so etwas sagt. Doch wer die Biografie des Amerikaners liest, der versteht sehr schnell, warum Agassi diesen Satz bereits im Alter von sieben Jahren zum ersten Mal ausgesprochen hat. 
Sein Vater – ein in Armenien geborener Iraner, der es als Boxer einst an die Olympischen Spiele geschafft hat – trainiert seinen Sohn mit harter Hand. Eine Million Bälle soll Agassi pro Jahr schlagen, damit wird er gut – meist mit der Ballmaschine, die der Vater eigenhändig gebaut hat. Das Prinzip des Vaters geht auf, aber der Hauptgrund, weshalb Andre Agassi Tennis spielt, ist die Angst vor seinem Vater. Er will ihn nicht enttäuschen und deswegen spielt er Tennis, obwohl er den Sport eigentlich hasst. Eindrücklich schildert Agassi in der Folge, wie sich seine Karriere weiter entwickelt hat, wie er in der Akademie von Nick Bollettieri gelitten hat, wie er das Image des Rebellen aufgesetzt bekam, ohne dass er es wollte, und welches gespaltene Verhältnis er zur Presse hatte.
Absolut ehrlich
Agassi nimmt kein Blatt vor den Mund. Er erzählt offen, dass sein Vater auf der Strasse wildfremde Leute verprügelt hat, gesteht, dass er willentlich Drogen genommen hat, obwohl er dies während seiner Karriere stets abgestritten hatte. Auch zu seinem Privatleben äussert er sich. Von seinen ersten Schwärmereien für Steffi Graf bereits ganz am Anfang seiner Karriere, über seine erste richtige Freundin Wendy bis hin zu seiner Ehe mit Schauspielerin Brooke Shields thematisiert er alles. Immer wieder betont er, dass er in diesem Buch erstmals die Wahrheit sagen will und dass er zuvor oft gelogen hat, um das zu sagen, was er geglaubt hat, würden die Leute von ihm erwarten. Allein aufgrund dieser Ehrlichkeit, mit der Agassi aus seinem Leben erzählt, könnte die Biografie keinen passenderen Titel tragen als „Open“. 
Doch es geht nicht nur um das Privatleben von Agassi. Im Zentrum steht natürlich in erster Linie seine Tenniskarriere. Seine denkwürdigsten Matches, seine grössten Niederlagen und Siege, sein tiefer Fall und sein Comeback, das alles wird in einem neuen Licht dargestellt, da Agassi es versteht, die bereits bekannten Ereignisse mit persönlichen Anekdoten und Informationen anzureichern. 
Literarisch hohes Niveau
Das ganz grosse Plus dieser Biografie ist jedoch die Tatsache, dass sie unglaublich gut geschrieben ist. Es sind nicht einfach lose Ereignisse, die aneinander gereiht werden, sondern Agassi schafft es gemeinsam mit seinem Freund und Co-Autoren J. R. Moehringer die Geschichte so zu erzählen, dass sie einen roten Faden hat inklusive wiederkehrenden Symbolen und Motiven – also genau den literarischen Elemente, die anderen Biografien oftmals abhanden kommen. 
Zudem fand ich auch den Einstieg in die Biografie äusserst gelungen. Statt mit einem grossen Sieg zu beginnen, beschreibt Agassi auf eindrückliche Art und Weise das Prozedere, wie er es schafft, sich trotz seinen gravierenden Rückenproblemen so weit zu bringen, dass er sich auf den Tennisplatz stellen kann. Dabei wird einem wieder einmal bewusst, wie viel eine Sportlerkarriere den Athleten abverlangt. (fba)


Bibliografische Angaben

Titel: Open
Autor: Andre Agassi
Seiten: 608
Erschienen: 2011
Verlag: Knaur TB
ISBN-10: 3426782286
ISBN-13:978-3426782286
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