Rezension: Leonce und Lena von Georg Büchner

Das Lustspiel „Leonce und Lena“ von Georg Büchner erschien erstmals 1895, obwohl Büchner bereits 58 Jahre zuvor gestorben war. Das Werk gilt heute als Vertreter des Vormärz und ist ein mit politischer Satire vermischtes Lustspiel.

Prinz Leonce vom Königreich Popo soll – wenn es nach seinem Vater König Peter geht – mit Prinzessin Lena vom Königreich Pipi verheiratet werden. Doch beide haben anderes im Kopf. Lena will ihre Freiheit behalten und sicher keinen Mann heiraten, den sie nicht liebt. Leonce frönt derweil lieber seiner Langeweile und seiner Melancholie. Wie es der Zufall will, treffen die beiden, die sich zuvor noch nie gesehen haben, in einem Wirzhaus aufeinander. Lena ist mit ihrer Gouvernante vor der Hochzeit geflohen und Leonce ist mit seinem Diener Valerio auf der Suche nach einer schönen und geistlosen Frau für Leonce.

Kritik an der Ständegesellschaft und am Adel

An der Tatsache, dass dieses Werk zur literarischen Epoche des Vormärz gezählt wird, können in der Analyse die epochenspezifischen Merkmale gleich mit den Leitmotiven und Interpretationsansätzen des Lustspiels kombiniert werden. Die Bewegung des Vormärz wollte mit ihrer Kunst etwas an der politischen Situation des Landes (damals der Deutsche Bund) nach dem Wiener Kongress 1815 ändern. Aus diesem Grund begannen die Dichter und Schriftsteller Kunst mit Politik zu vermischen. Dies mussten sie allerdings sehr geschickt tun, denn es herrschte eine strikte Zensur. Diese versteckte Kritik am vorherrschenden politischen System – der Ständegesellschaft – ist auch in „Leonce und Lena“ zu erkennen.

Da wäre einerseits der absolutistische König Peter, der es kaum schafft, einen korrekten Satz zu formulieren, nicht gerne vor Leute spricht und sich mit einem Knopf im Taschentuch daran erinnern muss, dass er sich um sein Volk kümmern sollte. Andererseits ist da auch noch Prinz Leonce, der nicht weiss, was er mit seinem Leben anfangen soll und sich daher gleichzeitig langweilt und extrem beschäftigt ist, sich die Zeit totzuschlagen. An diesen beiden Charakteren zeigt sich die Unzufriedenheit mit der sozialen Situation und die Kritik am Adel und der Ständegesellschaft, die für den Vormärz typisch ist. Ganz explizit kommt dies auch auf den letzten Zeilen des Werks zum Ausdruck, in denen Valerio nach der Trauung von Leonce und Lena zum Staatsminister ernannt wird und gleich anordnet, dass das aktuelle System ins Chaos gestürzt werden und dafür die individuellen Wünsche im Vordergrund stehen sollen (siehe zweites Zitat).

Ein weiteres typisches Merkmal für diese Epoche ist, dass die Frauen begannen, sich zu emanzipieren und für ihr Recht zu kämpfen. Diese Teilbewegung des Vormärz widerspiegelt sich in der Person von Lena, die nicht mit jemandem verheiratet werden will, den sie weder kennt noch liebt, und daher die Flucht ergreift.

Wortspiele, Witz und Ironie

So viel zur Inhaltlichen Interpretation. Aber auch formal gibt das Werk „Leonce und Lena“ von Georg Büchner einiges her. Aufgebaut in drei Akten vermag Büchner mit viel Witz und Ironie die überspitzt dargestellten Protagonisten seines Werks zu erschaffen. Besonders gelungen sind dabei König Peter, Leonce und Valerio. Beeindruckend sind auch die mit Wortspielen überladenen Dialoge zwischen Valerio und Leonce, die das Lesen dieses Lustspiels sehr kurzweilig machen. Hier ein Zitat von Valerio, der den Stadtratspräsidenten nach einer Unterredung mit Leonce rausbegleiten soll:

„Kommen Sie meine Herren. Es ist eine traurige Sache um das Wort kommen, will man ein Einkommen, so muss man stehlen, an ein Aufkommen ist nicht zu denken, als wenn man sich hängen lässt, ein Unterkommen findet man erst, wenn man begraben wird, und ein Auskommen hat man jeden Augenblick mit seinem Witz, wenn man nichts mehr zu sagen weiss, wie ich zu Beispiel eben, und Sie, ehe Sie noch etwas gesagt haben. Ihr Abkommen haben Sie gefunden und Ihr Fortkommen werden Sie jetzt zu suchen ersucht.“ (Büchner 2005: 20)

Und hier noch ein Beispiel, wie Büchner die Kritik am vorherrschenden Ständesystem mit Ironie und Witz tarnt. Es ist wieder ein Zitat von Valerio, der beschreibt, wie er sich den Staat unter der Führung von Leonce vorstellt:

„Und ich werde Staatsminister und es wird ein Dekret erlassen, dass wer sich Schwielen in die Hände schafft unter Kuratel gestellt wird, dass wer sich krank arbeitet kriminalistisch strafbar ist, dass Jeder der sich rühmt sein Brod im Schweisse seines Angesichts zu essen, für verrückt und der menschlichen Gesellschaft gefährlich erklärt wird und dann legen wir uns in den Schatten und bitten Gott um Makkaroni, Melonen und Feigen, um musikalische Kehlen, klassische Leiber und eine kommde Religion.“ (Büchner 2005: 43f.)

Bibliografische Angaben

Titel: Leonce und Lena
Autor: Georg Büchner
Seiten: 44
Erschienen: 1895
Verlag: DTV
ISBN-10: 342302643X
ISBN:13: 978-3423026437
Bewertung: 3/5


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