Rezension: Eiger, Mord und Jungfrau von Paul Wittwer

Published Okt 16, 2011

„Eiger, Mord und Jungfrau“ ist der im Jahr 2004 erschienene Debütroman des Schweizers Paul Wittwer. 26 Wochen figurierte sein Werk in der Bestsellerliste, was für mich nicht ganz nachvollziehbar ist, denn ich finde den Krimi höchstens durchschnittlich. 

Der talentierte Chirurg Franco Weber arbeitet im Berner Inselspital. Obwohl er noch jung ist, hat er bereits eine beachtliche Karriere hingelegt und könnte bald schon Leiter einer eigenen Abteilung werden. Seit Weber geschieden ist, stürzt er sich in die Arbeit und findet kaum mehr Zeit für seine Freunde und Kollegen. Die Nachricht vom tödlichen Segelunfall seines Studienkollegen Max Knecht in Nizza rüttelt ihn auf und lässt ihn über sein Leben nachdenken. Als dann Maxens Mutter ihm von ihrem Verdacht erzählt, dass Max nicht bei einem Unfall gestorben sondern ermordet wurde, ist Webers Neugierde geweckt. 
Auf eigene Faust beginnt er zu ermitteln und stösst dabei schnell auf Ungereimtheiten. Kurz bevor Max in Nizza starb, wurde die Leiche eines Inders gefunden, der erst vor Kurzem operiert wurde und dessen Organe nicht mehr zu finden waren. Schnell findet Weber die Verbindung zwischen dem Toten und Max Arbeitsort, einem Segelschiff mit dem Namen „la Vergine“, das auf dem Mittelmeer umherfährt und mittellosen Drittweltflüchtlingen hilft. Das Projekt „la Vergine“ steht unter dem Patronat der renommierten Parkklinik „Eiger“ in Bern. Bald wird Weber klar, dass Max kurz vor seinem Tod in Nizza auf eine heisse Spur gestossen sein muss und dass er nicht bei einem Segelunfall ums Leben gekommen ist. 

Süffiger Lesestoff 
Wittwers Schreibstil ist sehr angenehm zum Lesen, sein Werk ein richtiger „Pageturner“. Leicht verständlich, in einfachen und kurzen Sätzen führt Wittwer seine Leser durch die Geschichte und lässt sie durch detaillierte Beschreibungen in die Geschehnissen eintauchen. Sein Fachwissen (er ist selber Art) kommt gut zum Ausdruck, ohne dass es aber zu technisch und damit für den Normalleser uninteressant wird. Auch die einzelnen Charaktere sind gut ausgearbeitet und vor allem mit Franco Weber kann man sich als Leser schnell identifizieren, obwohl seine Figur teilweise etwas gar vielen Klischees entspricht. Auch die Charaktere des typisch-italienischen Ehepaars Girardi sind Wittwer gut gelungen.

Nicht so die Figur „Frau Knecht“, die Mutter von Webers Studienfreund Max. Diese bleibt während der gesamten Erzählung äusserst unzugänglich, fast schon langweilig. Auch ihre Macke in jedem zweiten Satz „bitte sehr“ zu sagen, wirkt sehr gekünstelt.

Vorhersehbare Story
Obwohl Wittwer mit seinem Schreibstil zu überzeugen vermag, ist „Eiger, Mord und Jungfrau“ kein grossartiges Werk. Dazu ist die Geschichte zu vorhersehbar. Bereits vor der Hälfte des Werks ist klar, dass sich die Geschichte um Organhandel drehen wird und dass die „la Vergine“ damit in Zusammenhang steht. Als dann zufällig ein Transplantationspatient von Weber aus dem Inselspital in die Parkklinik „Eiger“ verlegt wird, weil er sich dort grössere Chancen auf ein passendes Spenderorgan ausrechnet, muss man nur eins und eins zusammenzählen, um die Verbindungen zu sehen. Leider bestätigen sich diese am Ende auch und einzig ein paar kleine Details werden bei der Auflösung am Ende dem Erwarteten hinzugefügt. 
Auch die Tatsache, dass ein karrierebewusster Arzt sich so unbedacht in Gefahr begibt und ein ganzes Verbrechterkartell im Alleingang ausschaltet, wirkt nicht sonderlich glaubwürdig. 
Denoch lassen sich mit „Eiger, Mord und Jungfrau“ problemlos einige verregnete Stunden an einem Sonntagnachmittag totschlagen und für alle, die die Stadt Bern kennen, hat das Buch aufgrund seines Regionalbezugs sicher noch einen Mehrwert.
(fba)

Bibliografische Angaben

Titel: Eiger, Mord und Jungfrau
Autor: Paul Wittwer
Seiten: 400
Erschienen: 2004
Verlag: Nydegg
ISBN-10: 3952229563
ISBN-13: 978-3952229569 
Bewertung: 

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