Rezension: Draussen vor der Tür von Wolfgang Borchert

Das Werk „Draussen vor der Tür“ des deutschen Schriftstellers Wolfgang Borchert ist ein hervorragendes Beispiel der Trümmerliteratur, welches die Probleme der Nachkriegszeit in Deutschland schonungslos und auf bewegende Art und Weise aufzeigt.

Nach drei Jahren Kriegseinsatz in Russland kommt der deutsche Staatsbürger Beckmann wieder zurück in seine Heimat. Er ist gezeichnet von den Strapazen: Er hat ein kaputtes Kniegelenk, er wird von Albträumen geplagt und hat kaum noch genügend Kraft und Energie, um zu leben. So will er sich dann auch mehrmals das Leben nehmen. Bereits an dieser Beschreibung der körperlichen und seelischen Verfassung Beckmanns kann man erkennen, wie hart die Zeit im Krieg gewesen sein muss. Da Borchert selbst auch im Krieg war und kurze Zeit später bereits im Alter von 26 Jahren starb, weiss man, dass die Kriegsfolgen nicht nur erfunden sind, sondern der Wirklichkeit entsprechen.

Beckmann erkennt, dass er alles verloren hatte während den drei Jahren, in denen er im Krieg war. Seine Eltern haben sich das Leben genommen, seine Frau ist mit einem anderen Mann zusammen und sein Kind ist gestorben, ohne dass er es einmal zu Gesicht bekommen hatte. Dennoch versucht sich Beckmann wieder in die Gesellschaft zu integrieren und macht sich auf die Suche nach den Schuldigen an seiner Misere und am Krieg.

Suche nach den Schuldigen

Die Suche nach den Schuldigen, dies ist das Kernstück des Werks von Wolfgang Borchert. Beckmann besucht den Oberst, damit dieser ihm die Verantwortung für die elf Toten nimmt, die unter seinem Kommando standen. Doch der Oberst lehnt, stellvertretend für die Armee, jegliche Verantwortung an den Kriegsfolgen ab. Auch sein Versuch als Künstler Fuss zu fassen, ist zum Scheitern verurteilt, denn der Zirkusdirektor (stellvertretend für die Kunst und Unterhaltung) findet seine Darbietung zu hart und zu brutal für die Zuschauer. Dies zeigt, dass die deutsche Bevölkerung nach dem Krieg noch nicht bereit war, sich mit der Realität auseinander zu setzen und nach Schuldigen zu suchen. Beckmann suchte weiter nach den Verantwortlichen und versucht dabei auch mit Gott zu sprechen, doch nicht einmal von Gott bekommt er eine Antwort. Durch dieses „Nichtantworten“ von Gott gelingt es Borchert eindrücklich darzustellen, wie hoffnungslos und verzweifelt eine ganze Nation nach dem Krieg war.

Bedeutung und Interpretation der Symbole und Motive

Das Buch ist auch voll von Andeutungen und Symbolen. Beckmann beispielsweise trägt keinen Vornamen, womit Borchert bezwecken wollte, dass der Leser erkennt, dass dieses Schicksal jeden hätte treffen können. Auch das Symbol „Draussen vor der Tür“ tritt immer wieder auf. Beckmann stand vor der Tür seines Elternhauses und muss erfahren, dass diese sich das Leben genommen haben, er steht vor er Tür des Oberst und des Zirkusdirektors und wird nicht eingelassen. Er wird von überall, von allen Gesellschaftsschichten zurückgewiesen und vor der Tür stehen gelassen. Dies führt dazu, dass er sich das Leben nehmen will und damit vor der Tür des Todes steht.

Auch mehrere Charaktere die auftauchen sind symptomatisch für den damaligen Gesellschaftszustand. Der Tod beispielsweise wird als dicker, lachender Mann dargestellt und Gott als alter, gebrechlicher Mann, der keine Kraft mehr hat und am Ende auch keine Antwort auf die Fragen von Beckmann, auf die Fragen einer ganzen Nation geben kann.

Nachkriegsliteratur par excellence

Auch vom stilistischen Standpunkt aus betrachtet ist „Draussen vor der Tür“ mustergültig umgesetzt worden. Es wird alles sehr detailgetreu und unverfälscht wiedergegeben. Borchert arbeitet oft mit kurzen Sätzen, sich wiederholenden Motiven (Elbe, draussen vor der Tür) und ohne jegliche Ausschmückung. Dadurch kommt die Brutalität und Unbarmherzigkeit der damaligen Zeit sehr stark zum Ausdruck. Auch die Tatsache, dass er die Elbe, Gott und den Tod als Personen darstellt, verleiht dem Buch noch mehr Authentizität.

„Draussen vor der Tür“ wird nicht umsonst als eines der besten Werke der Trümmerliteratur bezeichnet, denn inhaltlich und auch stilistisch ist die Umsetzung von Borchert mehr als nur gelungen und regt den Leser zum Nachdenken an.

Bibliografische Angaben

Titel: Draussen vor der Tür
Autor: Wolfgang Borchert
Seiten: 121
Erschienen: 1947
Verlag: rororo
ISBN-10:  349910170X
ISBN-13: 978-3499101700
Bewertung: 4/5


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