Rezension - Der eingebildete Kranke von Molière

Rezension: Der eingebildete Kranke von Molière

„Der eingebildete Kranke“ ist das wohl bekannteste Werk des französischen Autoren Molière und hat trotz seines Alters von mehr als 330 Jahren auch heute noch einen Bezug zur Aktualität – Grund genug sich mit diesem Theaterstück etwas genauer zu befassen.

Das zentrale Thema des Stücks ist die Medizin. Der Hypochonder Argan befürchtet, dass er sehr schnell sterben würde, wenn er nicht permanent von Ärzten überwacht und kontrolliert wird – etwas das auch heute immer wieder zu Debatte steht, wie oft und wann sollte man einen Arzt aufsuchen? Eine erstaunliche Aktualität für ein Werk aus dem 17. Jahrhundert.

Streitpunkt Medizin

Der eingebildete Kranke zeigt sehr schön die beiden Extreme bezüglich dem Thema „Medizin“ auf. Auf der einen Seite steht Argan, für den die Ärzte die Götter auf Erden sind, und auf der anderen Seite Béralde, der ebendiese von Argan heilig gesprochenen Götter als geldgierige und unnütze Zeitgenossen abtut. Da Molière persönlich die Ansicht von Béralde teilt ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass an der Wissenschaft und vor allem an den Ärzten kein gutes Haar gelassen wird.  Einige Beispiele gefällig?

Thomas Diafoirus, seines Zeichens Arzt, versucht mit drei auswendig gelernten Texten, das Herz von Argans Tochter Angélique zu gewinnen. Doch damit noch nicht genug, der bemitleidenswerte Diafoirus schafft es nicht einmal, sich bei den Texten an die richtige Person zu wenden, so verwechselt er doch seine Angebetete glatt mit deren Stiefmutter. Das Hochzeitsgeschenk, das er Angélique mitgebracht hatte, war der Besuch einer Obduktion… Sogar noch augenfälliger wird die Kritik an der Medizin als sich die Hausangestellte Toinette als Ärztin verkleidet und bei Argan grosse Lungenprobleme diagnostiziert, was ihr dieser sofort glaubt. Als letztes Beispiel dient das Ende des Werks. Argan hat auf Anraten von Béralde beschlossen, selber Arzt zu werden. Dazu wurde eine Zeremonie aus dem Boden gestampft, Argan bekam die passende Kleidung und schon wurde er als Arzt vereidigt. An diesen drei Beispielen dürfte klar zu erkennen sein, was Molière von der Medizin hielt – gar nichts.

Angestellte ist Herrin im Hause

Interessant ist auch die Rolle der Angestellten Toinette. Sie ist die wahre Chefin im Hause von Argan, sie ist es, die die Fäden zieht und das Werk am Ende zu einem Happy End bringt. Sie vertritt die Interessen von Angélique, die als Tochter der damaligen Zeit entsprechend nichts zu melden hatte, versuchte mit der Hilfe von Béralde, Argan umzustimmen und sorgte am Ende dafür, dass die Ehefrau von Argan das Haus verlassen musste. Eine extrem untypische Rollenverteilung für das 17. Jahrhundert, wo normalerweise die Frau noch nicht allzu viel zu sagen hatte. In das Frauenbild passt auch Argans Frau Béline nicht wirklich hinein, denn diese betrügt und belügt ihren Mann nach Strich und Faden, um an sein Vermögen zu kommen.

Spiel mit dem Tod

Die Komödie in drei Akten von Molière macht sich auch über den Tod lustig. Der Leser amüsiert sich über Argan, der an einer Krankheit zu sterben glaubt, die er sich nur einbildet. Des Weiteren stellt sich Argan zwei Mal tot, um herauszufinden, was Angélique und Béline wirklich von ihm denken. Auch dieses Spiel mit dem Tod war nicht typisch für die damalige Zeit.

Der eingebildete Kranke bietet gute Unterhaltung, wenn auch auf intellektuell sehr bescheidenen Niveau – leichte Unterhaltung für einen verregneten Nachmittag auf dem Sofa.

Bibliografische Angaben

Titel: Der eingebildete Kranke (Original: Le malade imaginaire)
Autor: Molière
Seiten: 78
Erschienen: 1673
Verlag: Reclam
ISBN-10: 3150011779
ISBN-13: 978-3150011775
Bewertung: 3/5


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