Rezension zu Corpus Delicti von Juli Zeh

Rezension: Corpus Delicti von Juli Zeh

Updated Nov 3, 2017

„Corpus Delicti“ ist ein Werk der Deutschen Schriftstellerin Juli Zeh, in dem sie eine beängstigende Zukunftsvision aufzeigt, in der die Gesundheit und der gesunde Körper das oberste Gut sind. Wie weit darf eine Regierung gehen und wie hoch soll der Stellenwert der Gesundheit sein? Diese und viele Fragen mehr wirft das Buch auf.

Mia Holl ist eine angesehene Biologin und arbeitet für die Regierung, hier Methode genannt. Obwohl die Methode über jeden Mensch anhand der Daten, die es von einem im Oberarm implantierten Chip sammelt, Buch führt, ist sie eine Anhängerin der Methode. Als dann aber ihr Bruder Moritz wegen Vergewaltigung veruteilt wird, obwohl er stets seine Unschuld beteurt hatte, wachsen in ihr Zweifel. Mia beginnt ihre Pflichten zu vernachlässigen und zieht so den Unmut der Methode auf sich. Zusammen mit ihrem Anwalt Rosentreter schafft sie es zu beweisen, dass Moritz unschuldig war. Die Tatsache, dass die Methode fehlbar ist, lässt einige hohe Tiere nervös werden und diese beginnen eine Hexenjagd auf Mia.

Erschreckend nahe an der Wirklichkeit

Juli Zehs Geschichte spielt in der Mitte des 21. Jahrhunderts, also gerade mal etwa 50 Jahre in der Zukunft. Auf den ersten Blick scheint es völlig utopisch, dass sich bei uns ein solches System etablieren kann, welches seine Bürger komplett überwacht und kontrolliert und vor allem auch in Fragen der Gesundheit und der Umwelt so resolut durchgreift. Doch denkt man ein bisschen weiter, sind die Überlegungen von Zeh gar nicht so weit weg von der Wirklichkeit.

Der Staat bekommt immer mehr Macht, es gibt auch heute viele Diktaturen und die Fragen der Gesundheit werden immer wichtiger und der Staat versucht auch in diesem Bereich immer mehr Einfluss zu nehmen. Hinzu kommt, dass in den Medien vermehrt mit dem Wunschdes Kunden nach einem perfekten Körper gearbeitet wird, was den Drang der Bürger hin zur Gesundheit und zum perfekten Körper verstärkt. Das Szenario von Zeh ist zwar etwas übertrieben, aber trotzdem beängstigend nahe an der Wirklichkeit.

Überzeugend auf der ganzen Linie

Es war das erste Mal, dass ich ein Werk von Juli Zeh gelesen habe, aber die Art und Weise wie sie schreibt, gefiel mir sofort. In wenigen Worten kreiert sie Szenen und beschreibt Aktionen so, dass man sie vor Augen hat. Auch die Dialoge, von denen es in diesem Buch sehr viele hat, bestechen durch eine kurze und prägnante Ausdrucksform.

Ebenfalls vermag die Geschichte zu überzeugen und weist keine offensichtlichen Fehler auf. Die Tatsache, dass es kein Happy End gibt, weder für Mia noch für den Kampf gegen das System, zeichnet ein dunkles Bild für die Zukunft und zeigt, über welche Macht ein diktatorisches geführtes Land verfügt.

„Ihr opfert mich auf dem Alter eurer Verblendung“

Der Charakter von Mia Holl durchläuft eine grosse Entwicklung in der Geschichte. Sie wird von der angepassten Sympathisantin des Systems zur Identifikationsfigur des Widerstands. Der Auslöser war ihr Bruder, der trotz seiner Veruteilung als Vergewaltiger und Mörder stets seine Unschwuld beteuerte. „Ihr opfert mich auf dem Altar eurer Verblendung“, schleuderte er den Anwesenden im Gerichtssaal entgegen, als er abtransportiert wurde. Dies war tatsächlich der Fall, denn die Methode war sich absolut sicher, dass sie und damit auch der DNA-Beweis unfehlbar war. Sie waren verblendet von ihrer Macht und von der Wissenschaft, auf der ihr System basiert.

Am Ende des Werks, als auch Mia als Terroristin verurteilt wird, ruft einer aus dem Publikum „ihr opfert sie auf dem Altar eurer Verblendung!“. Dies zeigt zwei Dinge: Zum Einen, dass Mia ihrem Bruder Moritz sehr nahe gekommen ist und seine Ideen weiter geführt hat. Sie hat also ihr Ziel erreicht. Zum Anderen zeigt es aber auch, dass Mia, genau wie Moritz, Recht hatte, jedoch vom verblendeten System ignoriert und zum Schweigen gebracht wurde.

Ein nachenklich stimmendes Werk, welches jedoch eine spannende Zukunfsvision aufzeigt und viele Fragen aufwirft – absolut empfehlenswert.

Bibliografische Angaben

Titel: Corpus Delicti
Autor: Juli Zeh
Seiten: 272
Erschienen: 2009
Verlag: Schöffling & co
ISBN-10: 3442740665
ISBN-13: 978-3442740666
Bewertung:  4/5


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