Published Dez 28, 2013„Rafa, mein Weg an die Spitze“, so der Titel der Biografie des derzeitigen Branchenkrösus des Tennissports. Das Buch schafft es, Rafael Nadal seinen Lesern näher zu bringen, bemüht jedoch auch einige Klischees über die Schmerzgrenze hinaus.
Als roten Faden durch die Biografie von Rafael Nadal dienen zwei seiner grössten Siege: der Triumph im Wimbledonenspiel 2008 über Roger Federer und der Erfolg über Novak Djokovic im US Open Finale zwei Jahre später. Die entscheidenden Situationen in diesen beiden spektakulären Tennisspielen werden von Nadal über mehrere Kapitel detailliert analysiert, was vor allem für (Hobby-)Tennisspieler sehr interessant sein dürfte. Dazwischen geschoben, werden immer wieder Anekdoten, die das Ziel verfolgen, ein Bild von Rafael Nadal als Menschen und als Sportler zu zeichnen. Das gelingt in ansprechendem Masse.
So erfährt man beispielsweise, dass Rafael Nadal Angst hat im Dunkeln, dass er sich nicht gerne im Meer aufhält, wenn er den Meeresgrund nicht erkennen kann, dass er ein übervorsichtiger Autofahrer ist und dass er stets sehr besorgt ist um seine Familie. Mit seiner Schwester steht er beispielsweise mehrmals täglich per SMS in Kontakt und wenn er abends in seiner Heimatstadt Manacor mit Freunden unterwegs ist, ruft er seine Mutter mehrmals an, um sich zu vergewissern, ob sie das Feuer im Kamin gelöscht hat, bevor sie ins Bett geht.
Das ambivalente Verhältnis zu Onkel Toni
Ein zentrales Thema in der Biografie ist das Verhältnis zwischen Rafael Nadal und seinem Onkel Toni. Dieser hat ihn vom ersten Tag an trainiert und sein Talent gefördert. Entsprechend betont Rafael Nadal, dass er alles, was er im Tennissport erreicht hat, seinem Onkel zu verdanken hat. Dennoch ist das Verhältnis zwischen den beiden ambivalent und immer wieder von Störungen geplagt. Seit Rafael regelmässig zum Tennisracket gegriffen hat, wurde er von seinem Onkel nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Als Jugendlicher musste er härter trainieren als die anderen, musste Bälle sammeln und Plätze abziehen, wenn seine Trainingspartner bereits nach Hause durften. Trainingseinheiten wurden keine ausgelassen und Toni hat seinem Schützling stets eingebläut, dass er noch nichts erreicht habe und ein Niemand sei, auch wenn er gerade ein grosses Turnier gewonnen hat. Diese Wesenszüge seines Onkels führen dazu, dass Rafael Nadal über ihn sagt, dass er wegen ihm unsicherer sei als nötig und dass die Stimmung in seinem Team angespannter sei, wenn Toni dabei sei.
Oft wird auch das Umfeld von Rafael Nadal thematisiert. Dabei spielt vor allem seine Familie, mit der er sehr stark verbunden ist, und sein Betreuerteam, das seit den Anfängen seiner Karriere stets gleich geblieben ist, eine zentrale Rolle. Sie alle sorgen dafür, dass Rafael Nadal nicht abhebt, sondern stets auf dem Boden bleibt und seine Mitmenschen mit dem nötigen Respekt behandelt – so wie es typisch ist für alle Bewohner Mallorcas.
Klischees werden überstrapaziert
Auch wenn es ins Bild passen mag – es wirkt an verschiedenen Stellen zu stark herausgearbeitet, dass es zum mallorquinischen Grundverständnis dazugehört, erfolgreiche Personen nicht zu feiern und für ihre Erfolge nicht in den Himmel zu heben. Auch das Klischee des hart arbeitenden – wenn es nach Toni Nadal geht – fast schon talentfreien Rafael Nadal wird überstrapaziert. Krönender Abschluss in dieser Hinsicht bieten die letzten Seiten des Werks, in denen John Carlin ausführlich beschreibt, wie Rafael Nadal zwei Tage nach seinem Grand Slam Triumph an den US Open 2010 bereits wieder in Mallorca auf den Trainingsplatz steht und sich niemand darum schert, ob da jetzt Rafael Nadal auf die gelben Filzkugeln eindrischt oder ein Clubspieler.
Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist, dass nicht die ganze Biografie aus der Sicht von Nadal geschrieben ist. Stets kapitelweise springt die Erzählerrolle von der Ich-Person (Nadal) zur Er-Person (Carlin). Ebenfalls fehlen die Einschätzungen anderer Tennisspieler und Exponenten aus dem Weissen Sport, die Erfahrungen und Anekdoten über Rafael Nadal besteuern. Einzige Ausnahme ist Carlos Moya, der – wie könnte es anders sein – aus Mallorca stammt.
Trotzdem empfehle ich die Biografie von Rafael Nadal weiter. Gerade für Tennisspieler und Fans des Weissen Sport gewährt sie viele Einblicke in das Innenleben einer der faszinierendsten Athleten, die der Tennissport je hervorgebracht hat.
(fba)
Bibliografische Angaben:
Titel: Rafa, mein Weg an die Spitze
Autor: Rafael Nadal und John Carlin
Seiten: 255
Erschienen: 2011
Verlag: Edel Germany
ISBN-10: 3841901239
ISBN-13: 978-3841901231
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