Published Jun 11, 2014„Bangalore Masala“ ist ein solider Kriminalroman, der neben der eigentlichen Handlung auch viele gesellschaftliche und kulturelle Aspekte aus Indien miteinfliessen lässt – leider an gewissen Stellen etwas zu viele.
Die junge Journalistin Anjali will in ihrer Zeitungsredaktion ernst genommen werden und sich auch mit wichtigen Themen und grossen Fragen auseinandersetzen dürfen. Doch beim Messenger, der Zeitung bei der sie arbeitet, traut man ihr dies nicht zu. Aber dann stösst sie auf eine heisse Story: Ein riesiger Technikpark, der etwas ausserhalb von Bangalore gebaut und für den ein grosses Stück Wald gerodet werden soll, ist nur dank einer gross angelegten Korruptionsaktion ermöglicht worden. Doch je tiefer Anjali in diese Geschichte eintaucht – unterstützt wird sie dabei von der Umweltgruppe Action Green – desto mehr gerät sie ins Visier der Verbrecher. Diese schrecken vor nichts zurück und entführen sogar Anjalis Sohn Ishaan.
„Indien-Aspekte“ nicht optimal eingeflochten
Angekündigt wird ein „Indien-Krimi“, der „das Schicksal einer jungen Frau, die sich von den Zwängen tradierter Normen nicht davon abhalten lässt, für die eigenen Ideale einzustehen“ erzählt. Genau dieser Aspekt, der Kampf zwischen dem traditionellen Indien und der heutigen, eher westlich orientierten Generation des Landes, hat mich dazu gebracht, das Werk zu lesen. Doch leider kratzt Karin Kaiser in genau diesem Bereich nur an der Oberfläche. Natürlich ist Anjali, die sich nach ihrer Trennung als alleinerziehende Mutter in der Männer dominierten Berufswelt behaupten und sich gegen ihre Familie durchsetzen muss, quasi der Prototyp dieser neuen Generation, doch allein damit ist es noch nicht getan. Da fehlen der Tiefgang und die sozialkritischen Aspekte Indiens. Diese hätte man für meinen Geschmack noch stärker herausarbeiten und optimalerweise mit dem Haupthandlungsstrang verbinden können.
Genau anders rum verhielt es sich mit allen weiteren Beschreibungen aus dem Alltag und der indischen Kultur. Dort vermag Kaiser, die selbst viel Zeit in Indien verbracht hat, mit detailgetreuen, lebendigen Beschreibungen zu überzeugen. Stellenweise – vor allem am Anfang – überborden diese Beschreibungen allerdings etwas zu sehr. Die Sätze werden zu lang und umständlich und die vielen indischen Begriffe – teilweise sind es bis zu acht Ausdrücke auf einer Seite – stören den Lesefluss. So fehlt auf den ersten rund 50 Seiten etwas die Dynamik und Spannung der Geschichte. In diesem Fall wäre weniger mehr gewesen.
Alle Zutaten für einen guten Krimi
Doch genug mit der Kritik, denn es ist nicht so, dass „Bangalore Masala“ ein schlechtes Werk wäre. Im Gegenteil. Karin Kaiser legt einen soliden Kriminalroman vor, der alle Zutaten hat, die das Genre ausmachen: Interessante Protagonisten, mit denen man sich identifizieren kann, einen unsympathischen Gegenspieler, der vor nichts zurückschreckt, ein Fall, in dem es um viel geht, und einige spannende Nebenschauplätze und Nebendarsteller, die für zusätzlichen Lesespass sorgen.
An einigen Stellen vermag die Storyline nicht restlos zu überzeugen (bspw. dass Ishaan am Ende von einem streunenden Hund, mit dem er jeweils auf dem Schulweg gespielt hat, gefunden wird oder das bollywood-angehauchte Happy End mit den applaudierenden Dorfbewohnern nach der Rettung von Ishaan), doch darüber kann man getrost hinwegsehen. Denn nach gewissen Anlaufschwierigkeiten entwickelt Kaiser einen rasanten, flüssig zu lesenden und über weite Strecken treffend formulierten Kriminalroman.
Gute drei Punkte gibts dafür von mir und ist für alle, die gerne mehr über Indien und seine Kultur erfahren, dafür aber kein Sachbuch sondern einen Krimi zur Hand nehmen möchten, durchaus zu empfehlen. (fba)
Bibliografische Angaben:
Titel: Bangalore Masala
Autor: Karin Kaiser
Seiten: 285
Erschienen: 2014
Verlag: Conbook
ISBN-10: 3943176649
ISBN-13: 978-3943176643
Bewertung:
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