Updated Nov 12, 2017 „Wüstenblume“, das Werk von Waris Dirie wurde mir wärmstens empfohlen und in der Tat muss ich gestehen, dass es mich auch nach dem ich es zu Ende gelesen habe, noch verfolgt hat – was für ein Werk, was für eine Geschichte! Aus meiner Sicht gibt es zwei Hauptgründe, die „Wüstenblume“ zu einem der besten Bücher machen, die ich seit Langem gelesen habe. Zum Einen ist das Leben von Waris Dirie extrem interessant, wenn auch brutal. Die Entwicklung vom beschnittenen, armen Nomadenmädchen, das vor der Zwangsehe nach London flieht, wo es dann eine Weltkarriere als Model hinlegt, sucht seinesgleichen. Doch die Geschichte wäre nicht halb so packend und berührend, wenn da nicht die literarische Sprache von Dirie wäre, womit wir beim zweiten Punkt angelangt wären. Die Sprache ist durch eine extreme Einfachheit und Klarheit geprägt und kommt komplett ohne jeglichen literarischen Schnick Schnack aus. Auf diese Weise trifft Diries Sprache, auch wenn sie teilweise etwas hölzern klingt, genau ins Herz der Leser und ihre Geschichte lässt diese nicht mehr los. Dadurch, dass die gesamte Handlung autobiografisch ist, wirken auch die Gefühle, die Empfindungen, Gedanken und Entscheidungen von Dirie sehr authentisch und echt, was grossen Lesespass garantiert. Auch vom inhaltlichen Gesichtspunkt aus betrachtet, gibt es einige wichtige Punkte. Dirie beschreibt in mehreren Kapiteln das Leben als Nomadin in der Wüste Somalias. Die Bedeutung der Tiere, das Leben ohne Zeitdruck, die Qualen der Hunger- und Wassernot, aber auch die enge Bindung innerhalb der Familie sind dabei zentral und präsentieren dem europäischen Leser dabei eine völlig neue Welt. Bei diesen Beschreibungen sticht vor allem die spezielle Verbindung zwischen Waris und ihrer Mutter hervor. Obwohl Waris noch zwölf Geschwister hat und eine Rebellin ist, ist sie das Lieblingskind ihrer Mutter. Als Waris die Flucht ergreift, bricht es ihrer Mutter fast das Herz, doch sie hat erkannt, dass Waris in Afrikas Wüste nicht glücklich werden konnte. Ihrer Mutter hat Waris auch ihren Namen, der auf Deutsch Wüstenblume bedeutet, zu verdanken. Dieser Name ist insofern passend, da die Rebellin Waris, genau wie die Wüstenblume auch, eine strahlende Abwechslung in der ansonsten kargen Wüstenlandschaft Somalias verkörpert. Der Kontrast zwischen Afrika und Europa wird auch sehr eindrücklich dargestellt. Waris hatte zuvor noch nie eine Toilette gesehen, noch nie eine Küche benutzt und sich noch nie nach einem Zeitplan gerichtet – alles Dinge, die Waris lernen musste. Vor allem auch die Vielfalt der Nahrungsmittel, das stets im Überfluss vorhandene Wasser und die verweichlichte europäische Gesellschaft stehen im grossen Kontrast zu Waris harter Zeit in Somalia. Die Erfahrung, die Waris als Model gemacht hat, die Querelen mit den Behörden wegen des Passes, die Interviews, die BBC-Dokumentation und auch die Anfänge ihrer Beziehung zu Dana waren interessant zu lesen, doch nichts kann mit der Intensität der Schilderung der Beschneidung in Kapitel vier mithalten. Die barbarischen Methoden des Eingriffs, die Schmerzen, die Folgen für die damals 5-jährige Waris und die Brutalität sind unmenschlich und liegen weit Jenseits unserer Vorstellungskraft. Dieses Kapitel lässt niemanden kalt und es ist erschreckend festzustellen, dass in unserer heutigen Welt noch immer solche schrecklichen Dinge geschehen – aufgrund von Fehlinterpretationen des Korans und der veralteten Traditionen der Ehe in Afrika. Für mich ist Wüstenblume ein bewegendes Werk, welches ich absolut jedem weiterempfehle, denn nach der Lektüre wird einem wieder einmal bewusst, in welch privilegierten Lage wir uns in den Industrienationen befinden. Titel: Wüstenblume Wüstenblume von Waris Dirie auf Amazon bestellen. Ehrlich und direkt
Eine Rebellin in der Wüste Afrikas
Von der Nomadin zum Model
Bibliografische Angaben
Autor: Waris Dirie
Seiten: 348
Erschienen: 1997
Verlag: Droemer Knaur
ISBN-10: 3426619482
ISBN-13: 978-3426619483
Bewertung: 5/5