Rezension: Hunkeler und die Augen des Ödipus von Hansjörg Schneider

Published Jan 5, 2011

„Hunkeler und die Augen des Ödipus“ ist der neueste Fall des Basler Kommissär Hunkeler. Hansjörg Schneider ist auch mit diesem Fall wieder eine süffige Krimilektüre gelungen, die für einen spannenden Nachmittag zu sorgen vermag. 

Der Basler Kommissär Hunkeler steht kurz vor seiner Pensionierung, doch dann verschwindet der Basler Theaterdirektor Bernhard Vetter spurlos. Hunkeler ermittelt auf eigene Faust in dieser Sache, denn eigentlich wäre er im Verlaufe der Ermittlungen bereits pensioniert worden. Im Gegensatz zu seinem Nachfolger Madörin, der nichts auf die Reihe bringt, hat Hunkeler Erfolg mit seinen Recherchen. Er findet einen verschmähten Liebhaber, der Rache nehmen will, zwei zurückgewiesene Theaterpersönlichkeiten und eine verschwundene Brasilianische Sambatänzerin – genügend Material also, für einen weiteren spannenden Fall. 
Die Theaterproblematik und Ödipus
Hansjörg Schneider schrieb nicht einfach nur einen weiteren Krimi, sondern er schaffte es auch, die aktuellen Probleme der Theaterszene in der Schweiz zu veranschaulichen. Immer weniger Besucher, im neuere Varianten und Interpretationen von Stücken und der ewige Streit um Subventionen, Rollen und Stücke. Schneider ist es gut gelungen, diese sehr eigene Szene und deren Mitglieder glaubwürdig darzustellen und auch die Probleme und Sorgen der Beteiligten zu beschreiben.
Die ganze Problematik hat der Schweizer Autor am Stück des Griechen Sophokles „König Ödipus“ aufgehängt. Die Neuinterpretation ist beim Basler Publikum überhaupt nicht gut angekommen und lange sah es so aus, als ob der Mord an Vetter mit dem Stück in Zusammenhang stünde, zumal der Leiche die Augen entfernt wurden. Am Ende stellte sich dann aber heraus, dass der Mörder aus Eifersucht gehandelt hat und der Meinung war, dass Vetter im Dunkeln schwimmen solle, während das Sonnenlicht allein für ihn und Vetters Geliebte scheinen solle. 

Theater vs. Boulevardjournalismus

Eine Umstand, der mir während des Lesens stark aufgefallen ist, ist der Kontrast zwischen der Theaterwelt und dem Boulevardjournalismus. Auf der einen Seite sind da die Kulturschaffenden, die völlig in ihrer eigenen Welt versinken, die Texte von Hölderling und Sophokles analysieren und die, obwohl sie subventioniert werden, für sich und nicht für das Publikum arbeiten wollen. Auf der anderen Seite steht der Boulevardjournalismus, der durch den Journalisten Hauser verkörpert wird. Dieser sieht seine Chance mit der Geschichte um das Verschwinden von Vetter. Er spinnt wilde Theorien, äussert Verdächtigungen und versucht alles, um seine Leser zu unterhalten; zwei völlig gegensätzliche Welten prallen hier aufeinander. 
Basel und Hunkeler passen wie die Faust aufs Auge
Die Geschichte an sich reisst einem nicht wirklich vom Hocker und beschert keine schlaflosen Nächte, weil man unbedingt wissen will, wer denn nun der Mörder ist. Dennoch; das Werk packt einem und es liest sich sehr gut. Das liegt sicherlich daran, dass Hansjörg Schneider mit der Figur Hunkeler eine Person kreiert hat, die einem sofort sympathisch ist und die einem mit ihrer etwas eigenen Art ans Herz wächst. Hunkelers Fälle spielen sich immer in der Stadt im Dreiländereck ab. Die Beschreibungen von Basel, dem Hafengelände und auch den angrenzenden Gebieten Deutschlands und Frankreichs sind äusserst gelungen und vermitteln dem Leser ein sehr genaues Bild der dort vorherrschenden Zustände. Diese Authentizität des Protagonisten, sowie auch seiner Umgebung machen das Werk „Hunkeler und die Augen des Ödipus“ zu einem ganz speziellen Buch. 
(fba)

Bibliografische Angaben:

Titel: Hunkeler und die Augen des Ödipus
Autor: Hansjörg Schneider
Seiten: 232
Erschienen: 2010
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257067615
ISBN-13: 978-3257067613
Bewertung: 


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