Rezension: Eistod von Michael Theurillat

Published Sep 5, 2012

„Eistod“ ist der zweite Kriminalroman des Schweizer Autoren Michael Theurillat. Ein intelligenter Krimi, bei dem sowohl die Charaktere als auch die Beschreibung der Orte mit viel Fingerspitzengefühl vorgenommen werden. Leider ist die Handlung etwas zu durchsichtig geraten.

Es ist tiefer Winter in Zürich, die Temperaturen liegen ungewöhnlich tief. Aus diesem Grund wird niemand misstrauisch, dass in diesem Jahr überdurchschnittlich viele Obdachlose in der Kälte sterben. Durch einen Artikel im „Tages Anzeiger“ kommt jedoch Schwung in die Sache und es stellt sich heraus, dass bei mehreren Leichen ein seltenes Fischgift im Körper gefunden wurde. Kommissar Eschenbach wird mit der Aufklärung der Todesfälle betraut. 
Zeitgleich macht Konrad Schwinn, Assistenzprofessor an der ETH im Bereich der Biochemie, eine führ ihn unvorstellbare Entdeckung. Im Militärdienst wird Schwinn gebeten, drei Arabische Texte für den Nachrichtendienst zu übersetzen. Einer handelt davon, dass sein Chef Theo Winter neue Foltermethoden für die CIA entwickelt haben soll. Kurz darauf verschwindet Schwinn spurlos. Eschenbach vermutet einen Zusammenhang zwischen den beiden Geschichten und beginnt zu ermitteln. Bald schon stösst er auf verschiedene heisse Spuren, weiss jedoch nicht mehr, wem er trauen kann, denn die Spuren führen sowohl zu seinem Team als auch in sein privates Umfeld. 
Humoristischer und genauer Beobachter
Der Schreibstil von Michael Theurillat hat mich von der ersten Seite an überzeugt. Der Text liest sich leicht, ohne dass die Erzählweise plump oder einfach wäre. Die Szenen und Schauplätze werden mit viel Liebe zum Detail beschrieben, ohne jedoch langatmig zu werden und den Lesefluss zu stören. Was Theurillat meiner Meinung nach besonders gut gelungen ist, ist die Ausgestaltung der verschiedenen Charaktere. Vor allem Kommissar Eschenbach. Der alte, zynische Ermittler mit dem trockenen Humor, der keinen Hehl daraus macht, dass er gerne das eine oder andere Mal einen über den Durst trinkt und in einer Vergangenheit Erfahrungen mit bewusstseinserweiternden Drogen gemacht hat, wächst einem schnell ans Herz. Hinzu kommt, dass Theurillat den Leser immer wieder zum Schmunzeln bringt. Das Lesen macht bei diesem Krimi wirklich Spass.
Theurillat zeichnet sich zudem auch als guter und vor allem auch kritischer Beobachter der Gesellschaft aus. Personen wie der Politiker Gloor, der sehr stark auf seine Karriere und sein Ansehen bei den Wählern aus ist, oder der Arzt Christoph Burri, der glaubt seines Berufes wegen zu höherem Berufen zu sein, und auch die verschiedenen Mitarbeiter der ETH werden sehr glaubwürdig aber auch kritisch dargestellt. Genauso auch der Staatsapparat, die Politik und die Medien. 
Vorhersehbare Story
So gut die Charaktere und die Beschreibungen auch sein mögen, leider vermag die Handlung nicht ganz mitzuhalten. Diese ist zum Teil etwas zu offensichtlich. Bereits am Anfang der Geschichte beginnt man zu ahnen, dass die Todesfälle der Obdachlosen ziemlich sicher etwas mit dem neuen Medikament von Theo Winter zu tun haben. Dass sie bei illegalen Test gestorben sind, ist sehr naheliegend. Auch bei zwei, drei anderen Handlungssträngen ist vorauszusehen, was passieren wird, doch dank dem lockeren und leichten Schreibstil von Theurillat macht das Lesen trotzdem viel Spass. Theurillat vermag zudem mit seiner genauen Recherche im medizinischen Bereich zu punkten. Seine Ausführungen zu den Auswirkungen des neuen Medikaments von Winter, dem seltenen Fischgift und den Depressionen sind sehr detailliert, ohne jedoch zu wissenschaftlich und für den Laien langweilig zu sein.
Alles in allem ein Werk, das ich allen empfehle, die Krimis mit kauzigen und etwas eigenartigen Ermittlern mögen, die gepaart werden mit gesellschaftskritischen Elementen. (fba)

Bibliografische Angaben:

Titel: Eistod
Autor: Michel Theurillat
Seite: 320
Verlag: List
Erschienen: 2008
ISBN-10: 354860823X
ISBN-13: 978-3548608235
Bewertung: 

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