Rezension: Die Unperfekten von Tom Rachman

Published Jun 10, 2013

Tom Rachman erzählt in „Die Unperfekten“ die Geschichte einer internationalen Zeitung in Rom. Er tut dies in Form von elf feinfühlig und stimmig verfassten Portraits über Personen, die alle auf die eine oder andere Weise mit der Zeitung verbunden sind.

Rachman wählt verschiedene Personen aus. Er schreibt über Lloyd Burko, den Korrespondenten aus Paris, der in die Jahre gekommen ist und verzweifelt versucht, einen Artikel zu verkaufen, damit er die Miete für seine Wohnung bezahlen kann. Rachman schreibt über Kulturredaktor Arthur Gopal, der seine Familie verloren hat, oder über Frau de Monterecchi, die seit Jahren jede Ausgabe der Zeitung komplett liest und über zehn Jahre im Rückstand ist.
Die Bandbreite der Geschichten ist gross. Die Personen sind aber dennoch alle miteinander verknüpft. Durch die internationale Zeitung, die einst von einem Amerikaner namens Ott gegründet wurde. Die Portraits zeichnen sich aber nicht nur durch die gelungene Verbindung untereinander aus, sondern vor allem auch durch die feinfühlige und detaillierte Beschreibung von Rachman. Jeder Charakter hat seine Eigenheiten. So schlüpft beispielsweise Textredaktorin Ruby Zaga jeden Silvester in die Rolle einer gestressten Amerikanischen Geschäftsfrau und reserviert sich ein Hotel etwas ausserhalb von Rom. Jedes Jahr ein anderes. Oder Chefredaktor Craig Menzies. Er bastelt in seinem Keller an einer Erfindung und hofft, eines Tages ein Patent anmelden zu können, obwohl er ganz genau weiss, dass er vollkommen unbegabt ist. Rachmann zeichnet auf den wenigen Seiten, die er den elf portraitierten Charakteren widmet, ein vollständiges Bild. Er schreibt über die Stärken der Personen aber auch über ihre Schwächen. Sie sind alle nicht ganz zufrieden, mit dem was sie erreicht haben. Sie sind alle „unperfekt“.

Gesellschaftlich relevanter Roman
Genau darin liegt die grosse Stärke des Romans von Tom Rachman. Sein Werk ist mehr, als eine Sammlung von gut geschrieben und schön konstruierten Portraits. Es ist auch mehr als ein melancholisches und wehmütiges Plädoyer für die langsam von der Bildfläche verschwindenden Printmedien. „Die Unperpfekten“ ist ein Roman über die Gesellschaft, in der wir heute leben. Journalist Rachman, hat sich als Beispiel für seine gesellschaftlichen Betrachtungen und die damit einhergehenden Probleme, die Zeitungsbranche ausgesucht. Die Branche also, in der er sich als Korrespondent auskennt.
Das merkt man als Leser sofort. Der Zeitungsalltag wird in all seinen Facetten aufgezeigt. Die guten Seiten, wie auch die schlechten. Die aktuellen Probleme, mit denen sich die Tageszeitungen konfrontiert sehen – weniger Leser, weniger Inserate, sinkende Löhne, weniger Seiten, starke Konkurrenz aus dem Internet – werden von Rachman angesprochen. Doch er prangert niemanden an. Er sucht keine Schuldigen. Seine Art zu schreiben gleicht viel eher einem wehmütigen Nachruf auf die goldene Ära des Printjournalismus.

Trotzdem liest sich das Buch sehr gut und man kann sich an der einen oder anderen Stelle ein Schmunzeln nicht verkneifen. Es ist ein sehr gelungenes Werk, das längst nicht nur Lesern zu empfehlen ist, die sich für die Medienbranche interessieren. (fba)

Bibliografische Angaben:

Titel: Die Unperfekten
Autor: Tom Rachman
Seiten: 400
Erschienen: 2010
Verlag: dtv
ISBN-10: 3423248211
ISBN-13:  978-3423248211
Bewertung: 

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